Reisebericht von unterwegs

Teil 3

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Da unsere Reiseberichte von unterwegs länger als geplant ausfallen, haben wir uns dazu entschlossen, diese dritte Seite anzufangen, mal sehen wie viele noch folgen...


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China 24.07. - 18.09.2003
Hongkong 18.09. - 29.09.2003
China 29.09. - 18.10.2003
Tibet 18.10. - 08.11.2003

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China

Kaschgar - 27.07.2003

Torugart Pass
... über den Torugart-Pass nach China - eine recht staubige Angelegenheit!
Kurz nach dem Torugart-Pass mussten wir den kirgisischen Kleinbus verlassen, die Grenzlinie zu Fuß übertreten und in ein chinesisches Fahrzeug umsteigen. Nachdem die offizielle Grenzstation mit Zollabfertigung und Einreisebehörde erst nach ca. 100 km kam, mussten wir an einem Militärkontrollposten unser Gepäck durchwühlen lassen: suspekt waren den jungen Uniformierten Disketten, Zweitpässe, bedrucktes und beschriebenes Papier sowie Tampons. Wir konnten sie von der Ungefährlichkeit unserer Habe überzeugen und durften weiterfahren. Bei der offiziellen Grenzstation war wieder mal Fiebermessen wegen Sars angesagt und dann endlich durften wir mit den nötigen Stempeln versehen auch offiziell nach China einreisen.

Nachtmarkt in Kaschgar
Der chinesisch dominierte Nachtmarkt in Kaschgar vor morderner Shopping-Kulisse.
Am frühen Abend des 24.07.2003 erreichten wir das trocken-heisse Kaschgar. Die Seidenstraßen-Stadt hat eine superschöne, von den hier schon lange vor der chinesischen Besatzungszeit lebenden muslimischen Uyghuren bewohnte Altstadt. Hier geht es noch fast wie im Mittelalter zu: Handwerker (Kesselmacher, Schreiner, Goldschmiede, Teppichknüpfer, Bäcker, etc.) arbeiten in kleinen Ladenlokalen, mit Eselkarren werden Berge von Melonen durch die Gassen gefahren und an den zahlreichen Essensständen kann man Schaschlik, Teigtaschen oder Schafsköpfe erstehen. Fliegende Händler mit Handkarren bahnen sich ihren Weg durch die Menge. Der Geruch der Altstadt wechselt zwischen Düften, die aus riesigen Gewürzsäcken aufsteigen und dem Gestank nach Müll und Kloake. Die alten Häuser aus Lehm mit ihren bunt verzierten Holzbalkonen sind ein echter Augenschmaus.

Leider scheinen die Chinesen die uyghurische Altstadt nicht so schön zu finden, denn große Bulldozer machen ganze Viertel dem Erdboden gleich, um Platz für breite Straßen und moderne chinesische Betonbauten zu schaffen. In ein paar Jahren wird wohl kaum mehr etwas übrig sein von der alten Seidenstraßenarchitektur (ganz zu schweigen vom orientalischen Flair).

Essensstand in Kaschgar
Nudelstand auf dem Sonntagsmarkt in Kaschgar - hier kann man sehr lecker essen!
Die historische Altstadt ist umgeben von der "richtig" chinesischen Neustadt, wo moderne Kaufhäuser, Einkaufspassagen und chinesische Garküchen zu finden sind - hier leben die aus dem Osten Chinas zugezogenen Han-Chinesen.

Die beiden Kulturen sind fast vollständig voneinander getrennt und sehr verschieden. Während z.B. die Uyghurfrauen in traditionellen Kleidern und teilweise mit komplett verhüllten Gesichtern (ein braunes Tuch, durch das frau mehr oder weniger durchschauen kann, wird über den Kopf gehängt) durch die Altstadt laufen, bevölkern sommerlich chic gekleidete Chinesinnen die Neustadt. Uns fasziniert beides.

Der Sonntagsmarkt in Kaschgar
Knoblauch, Kartoffeln und Tomaten auf dem Sonntagsmarkt in Kaschgar
Der berühmte Sonntagsmarkt von Kaschgar hat uns allerdings nicht so gut gefallen; der Markt war riesig und laut, hatte aber weder Atmosphäre, noch ein überzeugendes Warenangebot. Allein die vielen interessanten Menschen waren aber einen Besuch wert.

Da wir uns in den letzten Monaten in Zentralasien fast ausschließlich von Schaschlik und Teigtaschen ernährt haben, genießen wir hier die chinesische Küche mit guten Gewürzen und viel frischem Gemüse. Die Kommunikation auf chinesisch fällt uns noch sehr schwer und daher sind wir froh, dass wir bei den Essensständen einfach auf die gewünschten Speisen zeigen können. Unser erstes gelerntes chinesisches Wort heißt "Pijiu", denn Xinjang-Bier ist lecker!

Urumqi - 12.08.2003

Der Karakul-See
Der Karakul-See im Pamir-Gebirge mit Muztagh-Ata-Berg (7546m) im Hintergrund.
Um die Zeit bis zum nächsten Sonntagsmarkt in Hotan "totzuschlagen", sind wir den chinesischen Teil des Karakorum-Highways durch das Pamirgebirge bis zum Karakul-See gefahren. Hier auf fast 4000 Metern, mit Blick auf den 7546 Meter hohen Muztagh-Ata, haben wir verbotenerweise in einer privaten Jurte geschlafen - das nahegelegene Touri-Jurtencamp mit Reitkamelen und Souvenierverkauf war uns irgendwie zu heftig. Nach einer nicht sehr erholsamen Nacht - der Sohn der Jurte hatte wahnsinnig laut geschnarcht - versuchten wir nach Taschkurgan zu kommen. Viel fuhr nicht gerade die Straße entlang, und schon erst recht kein Bus. Wir mussten das Gesetz wieder brechen (Ausländer dürfen in China nicht trampen) und hielten einen LKW an, der uns gegen Bezahlung mitnahm. Auf den letzten Kilometern konnte nur ständiges rütteln durch den Bordmechaniker verhindern, dass der Fahrer seinem Schlafbedürfnis nachgab - echt kriminell! Die letzten Meter in den Ort mussten wir dann zu Fuß zurücklegen, denn der Fahrer signalisierte uns "Polizei voraus".

Taschkurgan ist eine staubige Kleinstadt auf 3600 Metern Höhe - hier befindet sich die Zollstation und ein Weiterfahren Richtung Pakistan ist ohne entsprechendes Visum nicht möglich. Wir besuchten die Burgruine, von wo aus wir einen genialen Panoramablick auf den Muztagh-Ata (von der anderen Seite) und die angrenzende Hochebene hatten.

Straße in Yarkand
So sieht der Alltag in Jarkand aus.
Zurück über Kaschgar gings dann weiter nach Yarkand. Wir waren begeistert vom Uyghur-Viertel, die Straßen, gesäumt von kleinen Werkstätten und Läden, waren voll mit Menschen und hunderte von Esel- und Perdekarren bahnten sich den Weg durch die Menge; Autos gab es kaum, und nur einige Motorräder erinnerten uns daran, dass wir nicht im Mittelalter angekommen waren. Der Sonntagsmarkt von Hotan gefiel uns viel besser als der von Kaschgar - das Treiben, das mitten in den Straßen der Altstadt stattfand, war quirlig und lebhaft. Der Rinder- und Eselmarkt war wegen dem dichten Gedränge und der spitzen Hörner der wilden Stiere recht gefährlich - wir überlebten es und genossen die Atmosphäre.

Per Eselkarren zum Markt
Per Familienkutsche durch Hotan.
Wir verließen Hotan mit einem "Express-Sleeper-Bus", in den statt Sitze Stockbetten eingebaut sind und fuhren in 24 Stunden durch die Taklamakan-Wüste nach Urumqi. Die Hauptstadt der Uyghuren-Provinz Xinjang hat 1,2 Mio. Einwohner und ist mit seiner Hochhausarchitektur recht stark chinesisch geprägt. Uns gefiel das riesige Warenangebot und der tolle Nachtmarkt, der aus Freß- und Klamottenständen besteht. Am besten gefiel uns jedoch das RGB Film Developing Center, das endlich unsere in den letzten 4 1/2 Monaten verknipsten Dias entwickeln konnte. Während wir auf die Filmentwicklung warteten, besuchten wir Turpan, den heißesten Ort Chinas. Da es dort jedoch angenehm bewölkt war, war es zur gleichen Zeit in Deutschland heißer - aber wir hatten Air-Con :-) Von hier machten wir mit dem Fahrrad Ausflüge in die Umgebung und besuchten eine im afghanischen Stil errichtete Moschee aus Holz und Lehmziegeln, sowie eine ca. 2000 Jahre alte Festungsstadt, die ebenfalls aus Lehm erbaut war.

Suppenstopp
Dank des Einflusses fernöstlicher Gewürze machen die Uiguren die besten Nudelsuppen Zentralasiens.
Jetzt sitzen wir in einer Art Biergarten am "Platz des Volkes" in Urumqi und begießen den (hoffentlich) erfolgreichen Versand unserer ersten Päckchen nach Hause mit kühlem Xinjang-Bier. Und wenn wir schon mal so gemütlich beieinander sitzen, dann erzählen wir euch jetzt doch gleich noch von unseren geänderten Reiseplänen: Wir haben nämlich beschlossen, dass wir, wenn wir schon mal in China sind, das Land richtig sehen wollen. Anstatt nur die nicht wirklich chinesischen autonomen Provinzen Xinjang und Tibet zu besuchen, werden wir bis zur Ostküste nach Peking fahren. Dann soll es weiter über Shanghai und Hongkong in die Provinzen Yunnan und Sechuan gehen. Von dort werden wir versuchen auf dem Landweg nach Lhasa zu fahren. Ob das allerdings klappen wird ist noch offen, denn die offizielle Landverbindung nach Tibet für Touristen geht über Golmud im Norden Chinas. Statt jetzt also nach Süden "abzubiegen" und so direkt nach Nepal/Indien zu gelangen, werden wir erst mal an unserem Ziel vorbeischießen und noch eine "kleine" Runde durch den Osten drehen - die voraussichtliche Ankunft in Indien verzögert sich damit um ca. 2 Monate. Bis Weihnachten werden wir es aber wohl an einen hübschen indischen Stand geschafft haben!

Und zum Abschluss noch eine kleine Denksportaufgabe: warum brauchen chinesische Kleinkinder im lauffähigen Alter keine Windeln?
Lösung: alle Kleinkinderhosen sind unten nicht zugenäht, was den Effekt hat, dass der Po automatisch beim in-die-Hocke-gehen frei wird und das Geschäft ungehindert an Ort und Stelle verrichtet werden kann!

Lanzhou - 23.08.2003

Unsere erste, recht angenehme, durch die Klimaanlage jedoch etwas zugige Nachtbahnfahrt in einem "Hard Sleeper" (chinesischer Großraumschlafwagen für 60 Personen) brachte uns zur Bahnstation "Dunhuang", die 120 km von Dunhuang-Ort entfernt liegt. Wir waren geschockt: mit uns stiegen hunderte, wenn nicht tausende chinesische Pauschaltouristen aus dem Zug und wurden von mit Fähnchen winkenden Abholdiensten in die bereitstehenden Busse nach Dunhuang-Ort verfrachtet. Wir dagegen mussten eine geschlagende Stunde warten, bis sich die 30 Sitze des öffentlichen Busses füllten. Wir bekamen ernsthafte Zweifel, ob unser neu gefasster Entschluss, jetzt in den Osten zu reisen, in der chinesischen Reise-Hochsaison wirklich sinnvoll ist. SARS-bedingt hatten wir auf wenige Touristen gehofft. Da wir in unserer ursprünglichen Planung vorgesehen hatten, von hier direkt nach Süden über Golmud nach Lhasa zu fahren, überlegten wir uns wirklich, den Osten Chinas doch auf später zu verschieben. Die touristische Infrastruktur in Dunhuang, v.a. Hotels, ist jedoch auf Massen ausgelegt und wir bekamen entgegen unseren Befürchtungen problemlos ein günstiges Zimmer. Das und die Tatsache, dass doch recht wenige Langnasen unterwegs waren, versöhnte uns wieder - es bleibt dabei, wir fahren jetzt in den Osten.

Die Hauptattraktion von Dunhuang sind die nahegelegenen Mogao-Höhlen. Trotz der vielen Besucher und der nicht sehr einfühlsamen chinesischen Präsentation gefielen uns die zahlreichen, bunt bemalten Buddhastatuen aus Lehm und die toll verzierten Wände der Höhlen sehr gut. Dunhuangs zweite Attraktion haben wir uns kostenlos zu Gemüte geführt. Ein Loch unterm Zaun (ja, im Sand ist das möglich), verschaffte einigen chinesischen Familien und uns Zutritt zum touristischen Teil der großen Sanddünen mit dem "Crescent-Moon-Lake". Wir staunten nicht schlecht: neben hunderten von Touristenkamelen und laut hupenden Road-Trains gab es sogar Lifte, die die Touris auf die ca. 100 Meter hohen Dünen hinaufbeförderten - ansonsten wäre das Dünen-Surfen ja auch viel zu anstrengend!

Von Dunhuang wieder wegzukommen, war ein kleines Abenteuer. In diesem schönen Ort gibt es nämlich nur Bahnkartenverkauf für Tourgruppen - Einzelreisende müssen entweder mit hohem Serviceaufschlag bei Reisebüros buchen, oder versuchen, direkt an der 120 km entfernten Bahnstation Tickets zu bekommen. Wir wählten zweitere Variante, weil wir das Gefühl hatten, dass auch die Reisebüros nicht besser an Fahrkarten kamen. In Liuyuan (= Bahnhof Dunhuang) ergatterten wir am Nachmittag noch zwei der raren "Hard-Sleeper"-Tickets; allerdings gab es nur noch Fahrkarten für 4.46 Uhr morgens. Etwas gefrustet nahmen wir uns ein Zimmer und legten uns nach einem guten Abendessen in der Bahnhofskanine früh schlafen.

Gebehtsmühlen in Xiahe
Tibetische Gebetsmühlen beim Labrang Kloster in Xiahe.
Der Zug brachte uns in 15 Stunden nach Lanzhou. Und trotz unserer Entscheidung, erst später in das richtige Tibet zu fahren, konnten wir es kaum erwarten, tibetische Kultur kennenzulernen. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, einen Abstecher nach Xiahe zu machen, denn dort, in der chinesischen Probinz Gansu, gibt es die große tibetisch-buddhistische Klosteranlage "Labuleng Si" (Labrang Kloster). Als wir dort ankamen, waren die Straßen voll mit farbenfroh traditionell gekleideten tibetischen Pilgern und, was weniger schön war, mit Polizei, die auch die Klosteranlage abgeriegelt hatte. Wie wir bald erfuhren, war die Ursache für den Trubel die Anwesenheit des von der chinesischen Regierung ausgesuchten (und somit falschen) Panchen Lama. Was der Panchen Lama ist und was die chinesische Regierung in diesem Zusammenhang verbrochen hat, kann man kurz zusammengefasst und leicht verständlich auf der Webpage der Tibetfreunde nachlesen.

Junge Mönche im Labuleng Kloster in Xiahe.
Junge Mönche im Labrang Kloster in Xiahe.
Nicht nur durch die Abriegelung von Labuleng Si, sondern auch durch unsere Erkältung waren wir zwei Tage lang in unserem Tatendrang schwer gebremst. Dennoch gelang es uns durch Zufall in die eigentlich abgesperrte Klosteranlage zu kommen, ohne uns mit dem Pilgerstrom stundenlang für eine Audienz beim Panchen Lama anstellen zu müssen (denn den hatten wir eh schon bei den Mogao--Höhlen in Dunhuang gesehen). Auch wenn die zahlreich anwesenden Sicherheitskräfte etwas irritiert schauten, wurden wir in Ruhe gelassen und konnten so durch die Gassen streifen und die prächtigen Tempel nach tibetisch-buddhistischen Gebot im Uhrzeigersinn umrunden - was uns Reisenspaß machte. Als der Panchen Lama am nächsten Tag endlich wieder weg war, konnten wir auch das Innere der Tempel besichtigen. Große und kleine goldene Buddhastatuen, Yakbutterbilder, Yakbutterlampen, bunt bemalte Wände, farbenprächtige Tücher an den Eingängen sowie betende Mönche in roten Kutten mit gelben Mützen zogen uns in ihren Bann.

Xiahe-Ort ist natürlich nicht nur durch die Klosteranlage traditionell tibetisch-buddhistisch geprägt, sondern verfügt, wie wohl alle Orte im Reich der Mitte über eine hässliche moderne chinesische Neustadt. Hier befinden sich die öffentlichen Einrichtungen wie Bushof, Post, etc. und neuzeitliche Internetcafes. Letztere werden auch gerne von jungen Mönchen aufgesucht, um bei ein paar Runden "Counterstrike" (die Mutter aller Computerballerspiele, bei denen es nur darum geht andere abzumurksen) die nötige Gelassenheit zum meditieren zu erlangen. Dass bereits 8-jährige Buben Counterstrike spielen, war für uns nichts Neues - das gab es seit der Türkei in allen Ländern, aber in traditionell rote Tücher gehüllte 8-20-jährige, Ballerspiel spielende Mönche sind dann doch irgendwie etwas strange!

Jetzt sitzen wir, geografisch gesehen, fast in der Mitte Chinas, in Lanzhou, einer ganz normalen chinesischen Großstadt mit 2,8 Millionen Einwohnern. Wir haben gerade unser Frühstück, bestehend aus Obst und Müsli (gekauft im nahen Supermarkt) beendet und werden den Rest des Tages mit Nichtstun verbringen, d.h. bei uns: durch Shopping-Center bummeln, lecker essen gehen und abends noch ein Bierchen am Ufer des Gelben Flusses trinken.

Peking - 04.09.2003

Kongton Shan
Taoistischer Tempel auf dem heiligen Berg Kongton-Shan.
Da das Bahnfahren so kompliziert ist (volle Züge, Fahrkarten tagelang im Voraus kaufen), haben wir uns dazu entschlossen, mit dem Bus nach Pingliang zu fahren, der laut Reiseführer genauso lang braucht wie der Zug (7 Stunden). Nach 5 Stunden jedoch hieß es: "Aussteigen" - wir schauten etwas irritiert, aber uns wurde versichert, dass hier wirklich Pingliang ist; wir waren beeindruckt von der Schnelligkeit und dem Luxus unseres Expressbusses (seit der Türkei wurden uns nämlich alle Busse als "Express" verkauft). Im strömenden Regen stiegen wir durch tiefe Pfützen und hatten nach der notwendigen Schlammbeseitigung endlich mal wieder saubere Sandalen.

Am nächsten Tag war es nur noch neblig, aber trocken und so stand unserem Besuch des heiligen Berges "Kongton Shan" mit seinem zahllosen taoistischen Tempeln nichts mehr im Wege. Stundenlang maschierten wir dort auf schmalen Pfaden und steilen Treppen an tiefen Schluchten vorbei von Tempel zu Pagode und von Pagode zu Tempel. Anfangs verzauberte der dichte Nebel diesen heiligen Ort in eine unwirkliche Märchenlandschaft und als dann am Nachmittag die Sonne rauskam, genossen wir die spektakuläre Aussicht auf die dicht bewachsenen steilen Berghügel der Umgebung.

Xian
Xian, eine typische chinesische Millionenstadt mit modernen Konsumtempeln und dem alten Glockenturm.
Als nächstes besuchten wir die Terracotta-Armee bei Xian. In riesigen Hallen, die über die Ausgrabungsstätten gebaut wurden, stehen die restaurierten lebensgroßen Statuen von Kriegern und Pferden in Reih und Glied. Etwas abseits liegen ihre Kollegen noch nicht ganz ausgegraben und noch nicht wieder zusammengesetzt in Trümmerhaufen und warten auf ihre Wiederauferstehung. Das zweite Highlight in Xian war für uns das wohl leckerste Süß-Sauer-Schweinefleisch Chinas für nur 2,- Euro zum sattessen!

Krieger der berühmten Terracotta-Armee.
Krieger der berühmten Terracotta-Armee.
A pro pos Essen: immer wieder werden wir von besorgten Freunden per E-Mail gefragt, wie uns denn all die exotischen Speisen mit Hunde-, Katzen- und Schlangenfleisch so bekommen. Antwort: wir haben sie noch nicht gegessen und können das auch sicher sagen. Denn genannte Speisen sind Spezialitäten, werden besonders angepriesen und haben ihren Preis. Um auch dem Vorurteil, dass sich die Chinesen von Reis ernähren, entgegenzutreten, sei an dieser Stelle vermerkt, dass hier hauptsächlich Nudeln, meist in Suppe, mit Stäbchen gegessen werden (die Suppe wird aus der Schüssel geschlürft).

Was schwieriger ist, als Schlangenfleisch zu vermeiden, ist, ganz normales Essen zu bestellen. Hier der exemplarische Ablauf der Bestellung von gefüllten Teigtaschen (einem Standardgericht): hinsetzen - Bedienung bringt chinesische Karte, spricht auf chinesisch auf uns ein und zeigt zur Verdeutlichung auf Schriftzeichen - wir zücken den zweisprachigen Speiseteil unseres Reiseführers und suchen nach "Teigtaschen" - auch die Bedienung liest dort und sagt "meiyou" (nein, haben wir nicht), denn leider sind dort nur exklusive Spezialgerichte, aber weder Nudeln noch Teigtaschen vermerkt - wir gehen mit der Bedienung vor die Tür und zeigen auf das Teigtaschenschild über dem Eingang - die Bedienung versteht was wir wollen - dass sie offensichtlich noch etwas von uns wissen will, deuten wir als Frage nach der Füllung - um herauszufinden was es gibt und das Gewünschte zu bestellen, zücken wir unser "Ohne Wörter-Buch" (dort gibt es viele Zeigebildchen statt Worte) - die Bedienung zeigt auf Schwein und Lamm - wir bestellen Lamm - die Bedienung zeigt auf Lauch und Gelbe Rüben - wir zeigen auf Lauch - fertig, lecker, schmatz!

Pingyao
Straßenzug im schönen Altstadtviertel von Pingyao.
Um auch einmal eine alte chinesische Stadt zu sehen, besuchten wir das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Pingyao, wo es viele schöne alte Häuser gibt, die von einer vollständig intakten Stadtmauer umgeben sind. Wir besichtigten viele prachtvoll bemalte historische Gebäude mit zahlreichen Innenhöfen, Papierwänden und bilderbuchmäßig geschwungenen Dächern. Pingyao ist ziemlich touristisch und speziell am Wochenende mit chinesischen Tourgruppen recht überlaufen. Wir sahen das Ganze positiv und freuten uns über englischsprachige Speisekarten - bis wir zwei Mal hintereinander beim Bratnudeln bestellen schlapprige Nudeln in Suppe bekamen...

Hier in Peking ist alles anders, es gibt wieder einen Nachtmarkt (mit Essensständen) und in den meisten Restaurants findet sich jemand, der ein bisschen englisch kann und uns die Speisekarte übersetzt. Jetzt sitzen wir gerade, erschöpft von der Besichtigung der verbotenen Stadt, in einem chinesischen Pavillon auf der "Jade Flowery Isle" im Beihai Park", hören in der Ferne traditionelle chinesische Musik, schauen den chinesischen Pärchen beim turteln zu und sind froh, dass die zahlreichen chinesischen Tourgruppen mit ihren roten oder gelben Schirmmützen wieder in ihre Hotels verfrachtet worden sind.

Shanghai - 16.09.2003

Der Sommerpalast in Peking
Auf dem Gelände des Sommerpalsts in Peking.
Besser als die verbotene Stadt hat uns der Sommerpalast in Peking gefallen - eine riesige chinesische Gartenanlage mit großem See, drachengeformten Kitschschiffen, schönen Tempeln mit Buddhastatuen, Bonsaigarten, unzähligen Pavillions und Seerosenteich - richtig schön! Fast genauso gut fanden wir den "Tempel of Heaven", ausnahmsweise runde Gebäude mit teilweise blauen Dächern in einem riesengroßen Park, in dem nichts mehr vom Straßenlärm der Millionenstadt zu hören war. Das kulinarische Highlight in Peking war natürlich die Pekingente - lecker knusprig gebraten und mit Soße und Gemüse in hauchdünne Pfannkuchen gewickelt. Unser erster Versuch im laut Reiseführer besten Pekingentenrestaurant endete jedoch in einer teuren Abstopfe mit Papptellern - mit einer der größten Tourienepps auf unserer Reise. Aber beim zweiten Versuch wurde alles gut und die Ente war wirklich sehr lecker und preiswert obendrein!

Chinesische Mauer
Auf der chinesischen Mauer bei Simatei.
Peking ist der Ausgangsort für eine Besichtigung der chinesischen Mauer. Deshalb fuhren wir in einem Tagesausflug von hier nach Simatei, wo wir ein sehr schönes Mauerstück mit wenigen Touristen vorfanden. Es war windig, aber sonnig und wir hatten eine super Sicht auf die sich zig Kilometer weit durch grüne Hügel schlängelnde Mauer - tolles Postkartenpanorama!

Stadtteil Pudong von Shanghai
Die schöne neue Welt von Shanghai wird im Stadtteil Pudong gebaut - hier sprießen die Hochäuser wie die Pilze aus dem Boden.
Mit der Eisenbahn gings dann weiter nach Shanghai. Shanghai ist China, wie wir es uns vorgestellt haben: quirlige geschäftige Menschenmassen in schmalen Gassen, moderne Hochhäuser, die von dicken Limousinen mit verdunkelten Scheiben umkurvt werden, Massen von Radfahrern, für die es teilweise sogar extra Fahrradstraßen gibt und die im Pulk große Kreuzungen überqueren, sowie total überladene große und kleine Lastkähne auf dem Huangpu-Fluss, die sich nur mühsam über Wasser halten können. Auf der einen Seite des Flusses ist die Promenade von hübschen britischen und französischen Kolonialhäusern gesäumt, auf der anderen Seite bauen die Chinesen die Zukunft - schöne neue Welt aus Wolkenkratzern und Shoppingcentern.

Obwohl Shanghai nicht billig ist, sind wir standesgemäß mitten in der Fußgängerzone abgestiegen (nur 222 Yuan = 27 Euro für das Doppelzimmer) und lassen uns auch sonst nicht lumpen: wir genossen die erste Pizza seit Monaten (40 Yuan = 5 Euro pro Person), schlürften unseren ersten richtigen Kaffee seit der Türkei (25 Yuan = 3,10 Euro pro Tässchen) und tranken Bier bei echter Musik in einer richtigen Kneipe in der Ausgehmeile (35 Yuan = 4,30 Euro pro 0,33 Liter Flasche). Uns macht es Spaß! Und damit uns und allen anderen Konsumjunkies der Spaß nicht vergeht, zieht jede Nacht eine Putzkolonne mit Seife und Schrubbern durch die Fußgängerzone und schrubbt per Hand den Boden, um dann anschließend den ganzen Dreck mit einer riesigen Wasserspritze weg zu spülen - schöne saubere Stadt.

Hongkong

Hongkong - 28.09.2003

Hongkong bei Nacht
Wir Traumtrips'ler vor der nächtlichen Kulisse von "Central"-Hongkong. (Blick von "Kowloon" rüber nach "Hongkong-Island")

Die dritte und vorläufig letzte Station auf unserer Metropolentour ist Hongkong. Obwohl seit 5 Jahren zu China gehörend, ist (noch) viel vom englischen Einfluss erhalten. Für uns bedeutet das Urlaub vom Urlaub - alles ist zweisprachig, von Straßenschildern bis zu Speisekarten und fast jeder kann zumindest ein bisschen englisch. Außerdem finden wir es sehr angenehm, dass es hier viele schöne Parks gibt, die im Gegensatz zu den Parks in China alle keinen Eintritt kosten - und das, obwohl man hier teilweise wie im Zoo Affen, Vögel und sonstiges Getier bewundern kann.

Mario und Susi
Wir zwei Traumtripsler vor einem kostenlosten Internetterminal mit Webcam im Habour-City-Center.

Nachdem wir unser winziges Zimmer in den "Mirador Mansions" im Herzen des Einkaufs- und Touristenviertels Kowloon bezogen hatten, schlenderten wir zur Promenade beim Glockenturm und waren überwältigt vom abendlichen Panorama: drüben auf der nahe gelegenen "Hongkong Island" drängen sich hell erleuchtete Hochhäuser auf dem schmalen Küstenstreifen, der von steil ansteigenden Hügeln begrenzt wird; und davor kreuzen große und kleine Schiffe im "Victoria Harbour". Dieses Schauspiel war so beeindruckend, dass die Promenade einer unserer Stammplätze in Hongkong wurde.

In den Straßen von Hongkong
In den Straßen von Hongkong.

Unsere Tage verbrachten wir damit, vor der Hitze in eines der allgegenwärtigen klimatisierten Einkaufszentren zu flüchten, in schattigen Parks den Leuten zuzuschauen, für (fast) kein Geld Doppelstockstraßenbahn zu fahren und leckeren Kaffee zu schlürfen. Außerdem haben wir einen Tag auf der nahe gelegenen "Lamma Island" verbracht: schöne menschenleere Sandstrände, tolle Panoramaspazierwege und abends gab's auf der Terrasse eines kleinen Restaurants beim Fähranleger Fish and Chips mit Bier...


Und hier noch ein paar Tipps für Hongkong Traveller:

China

Zhongdian - 15.10.2003

Unsere zweite Einreise nach China verlief erstaunlich relaxed: Pass abstempeln, Gepäck durch den Zoll tragen, fertig.

Zhaoqing
Das Flussufer von Zhaoqing.

Um den Touristenmassen in der chinesischen Ferienwoche etwas zu entgehen, hatten wir eigentlich geplant, nicht ins touristische Bilderbuchchina nach Guilin, sondern auf die Insel Hainan Dao zu fahren. Um aber wenigstens eine Miniaturausgabe der chinesischen Kalkfelsenlandschaft zu Gesicht zu bekommen, fuhren wir zuerst mal nach Zaoqing. Die fünf oder sechs Kalkfelsen hier befinden sich in einem extra für Touristen angelegten Park, inklusive bunt beleuchteter Kalksteinhöhlen mit Bootstouren, Goldfischteichen, batteriebetriebenen Touristentransportern und Tafeln mit der Aufschrift "Best place to take picture"... Das war nicht ganz das, was wir gesucht hatten. Mit dem ersten Oktober, Beginn der "Goldenen Woche", verdoppelte sich unser Zimmerpreis und die Straßen waren plötzlich voll mit unzähligen Menschen. Wir ließen uns nicht entmutigen, schoben uns durch das oktoberfestmäßige Gedränge und besuchten den Dingu-Shan mit der Hoffung, dort auf einem weniger begangenen Weg den Massen entfliehen zu können. Satz mit X, war wohl nix, denn dieser Teil des Berges war für Touristen gesperrt und die angeblich einfach erhältliche Sondergenehmigung konnten wir nicht aufteiben. Ziemlich gefrustet überdachten wir hierauf unsere Reisepläne: wenn schon der zweitklassige Touristenort Zaoqing so überlaufen ist, wird wohl auch Hainan Dao voll mit chinesischen Pauschaltouristen sein - dafür so weit zu fahren, lohnt sich wohl nicht.

Die wunderschöne Landschaft um Yangshuo
Die Wunderschöne Landschaft in der Umgebung von Yangshuo.

Deshalb beschlossen wir, nun doch das Bilderbuchchina anzusteuern, da es hier mit Yangshuo laut Reiseführer wenigstens einen auch auf Rucksackreisende eingestellten Ort gibt. Dort verbrachten wir in westlichen Kneipen bei guter Musik, Pizza und Bier die Abende. Tagsüber schauten wir den chinesischen Pauschaltouristen beim Urlaub machen zu (ein Foto in Kormoranfischertracht auf dem Bambusfloß kostet 5 Yuan) oder flüchteten vor den Menschenmassen in die malerische Bilderbuchchina-Umgebung, wo wir zwischen Reisfeldern und Kalkfelsen dem Trubel recht leicht entkommen konnten. Teilweise saßen wir stundenlang an irgendwelchen Flussufern unter riesigem Bambus, sahen den Fischen in der Strömung und den Enten beim fettwerden zu und hin und wieder kam ein Fischer auf seinem Bambusfloß vorbei. Yangshuo war defiinitiv ein guter Ort, um die chinesische Ferienwoche zu überleben!

Flussufer Yangshuo
Wasserbüffel am Flussufer von Yangshuo.

Nachdem der Wahnsinn "Goldene Woche" vorüber war, fuhren wir weiter Richtung Westen/Tibet. In einer Nacht- und Nebelaktion organisierten wir uns in Kunming die Jeep-Tour von der chinesischen Provinz Yunnan nach Lhasa. Wir müssen nämlich auf dieser Strecke eine Tour buchen, da weite Teile Tibets offiziell für Ausländer gesperrt sind und Sondergenehmigungen nur erhältlich sind, wenn man eine Tour bucht. Bevor wir jedoch den zwei Tagesreisen entfernten Startpunkt unserer Tibet-Tour erreichten, legten wir noch einen Zwischenstop in Lijiang ein.
Black Dragon Pool in Lijiang
Der Black Dargon Pool Park in Lijiang. Die Berge im Hintergrund lassen die Nähe zu Tibet erahnen.
Hier lebt neben den transmigrierten Han-Chinesen die Volksgruppe der Naxi, welche die einzige noch heute gebräuchliche Hieroglyphenschrift erfunden hat, die aus teilweise sehr lustig aussehenden Bildchen besteht - Tiere, Menschen und für uns undefinierbare Symbole. Die Altstadt von Lijiang wurde zur Touristenattraktion umgebaut: nur historisch aussehende Häuser, über deren Alter wir hier nicht spekulieren wollen, säumen die sauber gepflasterten, auto-, bettler- und straßenhändlerfreien Gassen. Lediglich in den absoluten Randgebieten der Altstadt findet noch normales Alltagsleben statt, ansonsten ist in jedem Haus entweder ein Souvenirshop, ein Restaurant oder ein Hotel, bzw. alles gleichzeitig untergebracht. Einziger Lichtblick waren ein paar gute Travellerkneipen.

Jetzt sitzen wir bei miserabler indischer Popmusik, die die gute Manu Chao - Musik abgelöst hat, im "Potala-Cafe" zu Zhongdian. Hauptsächlich sind wir hier, auf 3200 Metern, mit Höhenakklimatisation beschäftigt - das heißt: gemütlich Kaffee trinken, Sonnencreme nicht vergessen, wenn man auf der Terasse sitzt, Yakfleisch-Momos (Teigtaschen) futtern und Reisebericht für die Homepage schreiben. Außerdem haben wir schon zwei tibetische Tempel besucht und sind hierfür sogar schon auf einen 3300 Meter hohen Berg geklettert :-)
Wenn alles gut geht, d.h. der Toyota wieder repariert ist, dann geht es übermorgen los Richtung Lhasa, wo wir planmäßig acht Tage später eintreffen sollten.

Tibet

Lhasa - 31.10.2003

Pilgerlastwagen Tibet
Auf solchen offenen Lastwagen fuhren die tibetischen Pilger.

Am 17.10.2003 starteten wir in einem fast schon peinlich noblen Toyota Landcruiser von Zhongdian in der Provinz Yunnan unsere 8-tägige Überlandtour nach Lhasa. Mit uns im Auto saßen der chinesische Fahrer, der kein Wort englisch konnte, und zwei Hollis, mit denen wir die Fahrtkosten teilten. Am ersten Abend in Deqin hatten wir das Glück, in ein Fest, dessen Anlass wir nicht herausfinden konnten, hineingeraten zu sein. Die Straßen waren voll mit Menschen, die fast alle farbenfrohe tibetische Tracht trugen und uns genauso interessiert beäugten wie wir sie. Zur Feier des Tages gab es im örtlichen Theater chinesische Oper und Gesang gratis - auf dem Vorplatz tanzten und musizierten die Tibeter. Diese Einführung in tibetische Kultur war ganz nach unserem Geschmack! Was uns auch gefiel, war dass wir nicht wie die auf offenen LKWs angereisten Tibeter auf Gehwegen oder Flachdächern wohl überfüllter Herbergen unter freiem Himmel übernachten mussten, sondern ein gemütliches Doppelzimmer hatten.

Heiliger Bergpass Tibet
Ein heiliger Bergpass, hier flattern Fähnchen im Wind und in den weißen Öfen werden Kräuter verbrannt.

Anfangs ging unsere Fahrt durch kahle felsige Flusstäler und immer wieder sahen wir riesige Berge, deren schneebedeckte Gipfel in der Sonne glitzerten. Nachdem wir unter anderem den hier noch recht kleinen Mekong überquert hatten änderte sich langsam die Landschaft. Wider Erwarten ging es jedoch nicht durch kahle Hochebenen, sondern durch fast alpin aussehende bunte Herbstlandschaft, und das, obwohl wir uns ständig in einer Höhe zwischen 3000 und 5000 Metern bewegten - die Baumgrenze liegt hier nämlich nicht auf 1800 m wie in den Alpen, sondern auf ca. 4200 m! Anders als in den Alpen waren allerdings die Dörfer, nicht nur die Kirche in der Mitte fehlte, sondern auch die nahe Umgebung sah anders aus: auf terassierten Feldern wühlten kleine und große schwarze Schweine mit ihren Rüsseln nach Futter und dazwischen grasten statt Kühen lustig anzusehende zottelige Yaks. Die Häuser, je nach Region aus gestampftem Lehm, Naturstein oder Holz erbaut, hatten farbenfroh verzierte Fenster- und Türrahmen und häufig Dachterrassen, die als Dreschplatz dienten sowie von einer Mauer umgebene Innenhöfe. Auf den Häusern und den umliegenden Hügeln wehten bunte Gebetsfahnen und manchmal gab es sogar wasserbetriebene Gebetsmühlen an den Bächen.

Haus in Ost-Tibet
Haus in einem kleinen Ort in Ost-Tibet.

Gegessen und geschlafen wurde jedoch in stark chinesisch geprägten Orten, deren hässliche, im chinesischen Einheitsstil mit weißen Kacheln "verzierten" Betonbauten immer in der Nähe eines Militärstützpunktes errichtet waren. Ob die Auswahl unserer Übernachtungsorte jedoch an der Vorliebe unseres Fahrer für chinesiche Orte lag, oder ob es in den tibetischen Orten keine für Ausländer geöffneten Hotels gab, konnten wir nicht herausfinden - war aber auch nicht so schlimm, denn meistens gab es in der Nähe einen tibetischen Ortsteil, den wir dann zu Fuß erkundeten.

Am vorletzten Tag unserer Tour nach Lhasa besuchten wir ein Kloster der alten tibetischen Bön-Religion, die erst im 7. Jahrhundert vom Buddhismus verdrängt wurde und den tibetischen Buddhismus bis heute stark prägt. Wir besuchten den Lama des kleine Klosters, der in seinen urigen Wohnräumen in einer Art Kiste saß und uns rote Kügelchen schenkte, die wir essen sollten. Da wir uns leider nicht verständigen konnten, konnten wir nichts über deren vermutliche Heil- oder Schutzwirkung herausfinden, und beschränkten uns auf gegenseitiges angrinsen. Die Stimmung im Kloster hat uns tief beeindruckt. Wir waren wirklich sehr froh, dass wir das Bön-Kloster schließlich noch gefunden haben - nach 2 Stunden Suchfahrt auf schlechten Feldwegen hätten wir fast schon aufgegeben. Unser chinesicher Fahrer kannte nämlich keine einzige tibetische Sehenswürdigkeit und hatte scheinbar erhebliche Probleme, Tibeter nach dem Weg zu fragen.

Zur Ehrenrettung unseres Fahrers muss gesagt werden, dass er zumindst den zur chinesischen Touristenattraktion ausgebauten See "Draksum Tso" auf Anhieb fand. Der See war ein schöner, aber dennoch recht gewöhnlicher Bergsee, auf dessen kleiner Insel sich ein kleiner, chinesisch renovierter, tibetisch buddhistischer Tempel befand. Alles recht nett, aber das für chinesische Verhältnisse horrende Eintrittsgeld von 50 Yuan (fast 6 Euro) nicht wert.

Jurte vor Lhasa
Riesige Jurte und ein paar Yaks kurz vor Lhasa.

Am letzten Tag der Fahrt nach Lhasa fuhren wir wieder mal über einen schneebedeckten 5000er-Pass und vor uns lag karge tibetische Hochebenenlandschaft mit riesigen Yaks und schwarzen Nomadenzelten - so wie wir sie aus Tibet-Dokumentarfilmen und Bildbänden kennen. Kurz vor Lhasa besuchten wir noch das Ganden-Kloster, welches sich auf 4400 m Höhe an den Berg schmiegt. Wir durchschlenderten die zahlreichen Tempel der Klosteranlage, bis uns zu guter letzt ein in rote Gewänder gehüllter Mönch zum Yakbuttertee einlud. Als wir nach kurzem Zögern die Einladung annahmen, sperrte er seinen Tempel zu und ging mit uns in eine Nebenkammer. Dort gab es Yakbuttertee aus der Thermoskanne, der ein bisschen wie Ziegenkäsesuppe schmeckte... Mit Hilfe unseres Zeigebildchenbuches erfuhren wir, dass der Mönch ein tibetischer Arzt war. Nach einer kurzen Untersuchung, die aus Fühlen des Pulses und anderer Dinge an unseren Unterarmen bestand, zeigte er sich zufrieden über unsere Gesundheit. Wir "bezahlten" diesen Service mit einem Selbstauslöserfoto von uns beiden, welches er gerne haben wollte. Die Einladung zum Tsampa-Essen konnten wir leider nicht mehr annehmen, denn wir mussten ja noch weiter nach Lhasa fahren.

Das Erste, was wir von Lhasa sahen, war der riesige Potala-Palast in der Abendsonne - angekommen!

Lhasa - 02.11.2003

Potala Palast Lhasa
Wir auf dem Hoteldach vor dem Potala Palast.

Lhasa, die auf 3700 m Höhe gelegene Hauptstadt Tibets und "Dach der Welt", zog uns sofort in ihren Bann: überall in der Altstadt waren Pilger, die in traditioneller tibetischer Tracht ihre Runden um die zahlreichen großen und kleinen Tempel der Stadt drehten. Die Frauen trugen festlichen Schmuck, hatten blaue und rote Steine in ihre Zöpfe geflochten und trugen silberne mit Steinen verzierte Gürteltaschen über ihren bunten Schürzen. Die Männer hatten oft lustige Fellmützen auf oder rote Bänder in ihr langes Haar gebunden. Vor allem die älteren Pilger trugen teilweise riesige Gebetsmühlen mit sich herum, die sie unentwegt im Uhrzeigersinn in Bewegung hielten, während sie dazu Gebete murmelten. Einige liefen nicht nur um die Tempel, sondern maßen den Weg mit ihrem Körper aus - d.h. sie machten einen Schritt, warfen sich dann bäuchlings auf den Boden und drückten die Stirn auf das Pflaster, standen wieder auf und so weiter und so fort.

buddhistischer Tempel
Mönche vor einem tibetisch buddhistischen Tempel
Wir verbrachten unsere Zeit damit, auf dem Platz vor dem Jokhang-Tempel zu sitzen, dem bunten Treiben zuzusehen und uns mit Händen und Füßen mit den neugierigen Pilgern und Mönchen zu unterhalten. Natürlich haben wir auch diverse Tempel und Klöster besichtigt, die alle sehr schön waren, aber uns ihre Geheimnisse nicht ganz preisgaben. Auf unseren Spaziergängen durch die Altstadt entdeckten wir viele kleine Märkte, Garagen mit Billiardtischen drin, Straßenhändler die Yakbutter zu Opferzwecken verkauften und eine riesige recht kaotische Markthalle, die uns sehr an Zentralasien erinnerte. Selbstverständlich besichtigten wir auch den Potala-Palast, der früher Sitz des Dalai Lama und damit der tibetischen Regierung war. Das riesige Gebäude beherbergt viele kleine Kapellen mit schönen, wertvollen Buddhastatuen und riesigen Mandalas. Alle Touristen müssen das Gebäude von der linken Seite her betreten und 100 Yuan (ca. 12 Euro) zahlen; die zahlreichen Pilger können das Ganze richtig herum angehen (im Uhrzeigersinn, wie es im tibetischen Buddhismus vorgeschrieben ist) und benutzen dazu den Touristenausgang als Eingang - sehr strange! Seltsam war auch irgendwie, dass der Potala-Palast von chinesischer Neustadt umgeben ist, die hier natürlich genauso aussieht wie in Rest-China...

Wir fühlten uns sehr wohl hier und trafen einige nette Traveller, mit denen wir teilweise recht lange lustige Abende verbrachten und die eine oder andere Flasche "LHASA BEER - from the roof of the world" leerten...

Kathmandu - 18.11.2003

Yak-Karawane
Yak-Karawane im tibetischen Hochland.

Nach 9 schönen relaxten Tagen in Lhasa, an denen es abends jedoch winterlich kühl wurde, freuten wir uns, dass wir am 3.11.2003 endlich Richtung Kathmandu/Nepal starteten, denn wir hatten gehört, dass es dort um diese Jahreszeit immer noch T-Shirt-Wetter hat. Um dorthin zu gelangen, mussten wir allerdings erst mal 6 Tage durch die Berge des Himalaya fahren. Da wir unterwegs noch ein paar Abstecher machen wollten und öffentliche Verkehrsmittel auf dieser Strecke praktisch nicht existieren, mieteten wir mal wieder einen Jeep. Diesmal waren unsere Reisepartner jedoch nicht zwei griesgrämige Holländer, sondern Lee und Yehiel aus Israel, mit denen wir uns auf Anhieb bestens verstanden und eine sehr lustige Woche verbrachten.

Am ersten Tag ging es über mehrere, bis zu 5100 Meter hohe Pässe, vorbei am tiefblauen See "Yamdrok Tso" und riesigen Gletschern, nach Gyantse (ca. 4000 m). In diesem alten tibetischen Städtchen besichtigten wir die auf einem Hügel gelegene Burganlage. Dort gab es ein "Anti-British Imperialists Museum", dessen einzig anti-britischer Aspekt der Name war. Was uns mehr beeindruckte, waren die alten Wandmalereien in den unrestaurierten Räumen, die englischen Zeitungen aus dem letzten Jahrzehnt der britischen Kolonialära in Indien, die die Wände einer kleinen Kammer zierten, und der atemberaubende Panoramablick auf die Stadt, die tibetische Hochebene und das Pelkor Chöde Kloster mit seiner großen Stupa.

Tibetische Familie
Zu Besuch bei einer tibetischen Familie, deren Tochter etwas Englisch sprach.

Endstation der nächsten Tagesetappe war Shigatse. Hauptattraktion des Ortes ist das Tashilunpo-Kloster, welches der Sitz des Panchen Lama ist. Was uns dort auch sehr gut gefiel, waren die Märkte, auf denen Filzstiefel, "Ziegenkadaver" am Stück und Schmuck verkauft wurden. Am nächsten Tag fuhren wir über den höchsten Pass unserer Reise: den Gyatso-La mit 5220 m! Nach drei Pannen (2 Mal Benzinfilter/-pumpe, ein Plattfuss) und dem ersten Blick auf den Mount Everest erreichten wir Shegar-Crossroads. Da es hier keine Sehenswürdigkeiten gab, machten wir einen planlosen Spaziergang, um die Gegend zu erkunden. Schnell folgte uns eine Schar Kinder, die vor allen Dingen mit Yehiel ihren Spaß hatten. Ein etwas älteres Mädchen lud uns in das Haus ihrer Eltern ein. Wir saßen zusammen in der rauchigen Stube und bestaunten die rustikale Einrichtung, machten Gruppenfotos und bedankten uns mit Schokolade.

Rongpu Kloster Mt. Everest
Das malerisch am Fuße des Mt. Everest gelegene Rongpu Kloster.

Der Höhepunkt unserer Tour (im doppelten Sinne) war das Mount Everest Basislager, das wir am nächsten Tag mit unserem klapprigen Jeep erreichten. Dort erklommen wir einen kleinen Aussichtshügel und genossen bei klarer Bergluft und wolkenlosem Himmel den Blick auf den 3600 Meter über uns liegenden Gipfel des Mount Everest (den mit 8850 Metern Höhe höchsten Berg der Welt). Geschlafen haben wir - stilecht mit dem Mount Everest vor dem Fenster - im Gästehaus des malerisch auf 5000 m Höhe gelegenen Rongpu-Klosters, wo es nachts a.... kalt wurde.

Mt. Everest
Gruppenfoto mit Lee und Yehiel vor dem Mount Everest (am Base Camp).

Nach einer superschönen Fahrt durch einsame Hochebene und einer spektakulären Eisflussdurchquerung (knack, spritz, motor-jaul), erreichten wir Tingri, wo wir auf nur noch 4390 m Höhe unsere letzte Nacht in Tibet (und irgendwie auch China) verbrachten. Gegen unsere Erwartung ging es am nächsten Tag nicht runter, sondern erstmal rauf. Nachdem wir jedoch den letzten Pass mit 5120 m Höhe hinter uns gelassen hatten, fuhren wir stundenlang bergab - und siehe da, irgendwann so bei ca. 3000 Höhenmetern, wurde die Landschaft alpin grün und die für uns extrem sauerstoffhaltige Luft angenehm warm! Um ca. 15.00 Uhr überquerten wir bei Zhangmu/Kodari schnell und problemlos die Grenze nach Nepal und fuhren noch am gleichen Tag weiter nach Kathmandu.



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